Sehr geehrte Mitglieder, Aufsichtsräte, Vorstände, Vertreter und Lieferanten,
ich hoffe sehr, dass Sie und Ihre Familien gesund sind und fit durch diese herausfordernde und besondere Zeit kommen.
Weihnachten steht vor der Tür und die „Stade Zeit“ wird diesmal wohl besonders besinnlich, wenngleich nicht weniger herausfordernd als das ganze letzte Jahr 2020.
Der noch nicht mal richtig begonnene Winter bei fast frühlingshaften Temperaturen und der neuerliche Lockdown, stimmen uns leider auch weiterhin auf schwierige Monate ein. Ich spreche bewusst von einem „Lockdown“ und nicht von einem „Lockdown light“, da die Auswirkungen bis März/ April 2021 deutlich und nicht weniger heftig spürbar sein werden.
Die Hoffnung auf einen Impfstoff hilft, dennoch bleibt die Unsicherheit über Verfügbarkeit und der Wirksamkeit hinsichtlich der neuen Mutation, das sich an allen Märkten und auch der Fleischindustrie widerspiegelt.
Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen nun einen Überblick zur Rinder- und Schweinevermarktung geben, da leider auch unsere Winterversammlungen und die anstehende Vertreterwahl vorerst leider nicht stattfinden können.
Die VVG Oberbayern – Schwaben eG kann den Betrieb durch entsprechende Schutzmaßnahmen gemäß der AHA- Regel sowohl in den Büros als auch im Außendienst aufrechterhalten. In Waldkraiburg, Kempten, Bayreuth und Ulm ist die Selbstanlieferung der Rinder nach Voranmeldung möglich und auch die Außendienstmitarbeiter können die Betriebe wieder anfahren, sofern Abstände eingehalten und Masken getragen werden. Die Büros in Waldkraiburg und Rimpar sind wie gewohnt täglich von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr besetzt.
Für mögliche Störungen im „gewohnten“ Betriebsablauf kann ich nur erneut um Verständnis bitten. Wir bewerten die Lage laufend neu und versuchen den Geschäftsbetrieb so normal wie möglich zu halten.
Die Situation in den Schlachtbetrieben ist ähnlich volatil wie im Frühjahr und hat sich durch das ganze Jahr gezogen. Unsichere Schlachtzeiten, täglich neu zu bewertende Situationen, steigende Anzahl und neue Coronafälle führen zu Stillständen und Schließungen aufgrund fehlender Arbeitskräfte und sogenannter Quarantäne Rückkehrer.
Zusammengefasst lässt sich die Situation am Schweinemarkt aufgrund von Corona und der Afrikanischen Schweinepest als desaströs, am Rindermarkt als uneinheitlich beschreiben.
Die Auswirkungen des aktuellen Lockdowns und der damit verbundenen Schließung der Gastronomie führen zu einem Rückgang des Rindfleischabsatzes um ca. 40-50%, da auch teilweise große Mengen ausländischer Fleischwaren wie lrish Beef, T- Bone Steak aus Nebraska, argentinisches Rindersteak usw. in der Gastronomie im Einsatz sind, dürfte der Rückgang nicht ganz so drastisch ausfallen.
Deutlich stärkere Beeinträchtigungen sind hingegen im Export zu spüren. Maximal 50% des Absatzes an schweren, fetten Kühen kann derzeit nach Spanien geliefert werden. Der Export nach Frankreich ist nahezu komplett zum Erliegen gekommen, lediglich 20-25% der Kuhpistolen können exportiert werden. Zudem ist die Lage an den Schlachthöfen in Frankreich coronabedingt sehr schwierig.
In Süditalien sind Bullen Vorderviertel und Färsen einigermaßen vernünftig zu vermarkten, in Norditalien verhält es sich mit¼ des Absatzvolumens beim Rind hingegen eher ruhig.
Die großen Fast Food Ketten wie Mc Donalds oder Burger King fahren die Bestellungen extrem zurück, da der Umsatz über Mc Drive und „to go“ bei weitem nicht kompensiert werden kann.
Die Biovermarktung bei Kühen freut sich hingegen starker Nachfrage, bei gleichzeitig sinkendem Angebot. Der Biozuschlag für Kühe wird in der Zeit vom 21.12.20 bis 10.01.21 auf 1€ erhöht.
Rinderhäute wurden im ersten Lockdown diesen Jahres quasi wertlos, erfreulicherweise bauen die Chinesen jedoch wieder viele Autos, sodass die Bullenhaut mittlerweile wieder zwischen 60€ und 70€ kostet.
Jungbullen, das Paradeprodukt des deutschen Lebensmittelhandels, hat sich in der Pandemiekrise am stabilsten erwiesen. Erfreulicherweise ordern Aldi, Lidl, Rewe und Edeka in der Vorweihnachtszeit teilweise bis zu 100% mehr Ware, leider sind sie jedoch neben den Metzgern die nahezu einzigen Abnehmer.
Auch die Vermarktung der Färsen ist aufgrund des Bestellausfalls in der Gastronomie schwierig bis stark unter Druck.
In Deutschland wurden Kühe bis zu 10% weniger geschlachtet und kamen als Verarbeitungsfleisch im Vergleichszeitraum preislich stark unter Druck. Die durch Corona und Afrikanische Schweinepest extrem schlechten Schweinepreise, drückten auch die Kuhpreise in den Keller. Positiv auf die Preisentwicklung könnte sich das derzeit extrem knappe Angebot über die Weihnachtsfeiertage auswirken und damit die Preise steigen lassen.
Die Deutschen, weltweit als Urlauber bekannt, werden dieses Jahr über die Weihnachtsfeiertage bis ins neue Jahre zu Hause sein, da auch die Gastronomie bekanntlich nicht öffnen darf. Es wird daher angenommen, dass sie sich mit bestem Essen zu Hause eindecken, selbst kochen und damit den Umsatz beträchtlich ankurbeln.
Bleibt die Frage, wie es im Januar und im neuen Jahr weitergehen wird?
Neben Corona wird auch der Brexit seine Spuren am Fleischmarkt hinterlassen. Das nach wie vor nicht verhandelte Brexitabkommen zwischen England und der EU, kann durchaus zu weiteren Verwerfungen am Rindfleischmarkt führen, da z.B. Irland (95% Export)versuchen wird das Fleisch in Europa abzusetzen.
In dieser sehr volatilen und unsicheren Zeit, können Sie, Sicherheit ins Geschehen bringen. Ich kann daher nur nochmals an Sie appellieren, Ihr Schlachtvieh frühzeitig anzumelden. Wir erzielen nur durch frühzeitige Anmeldung Ihres Schlachtviehs eine vernünftige Planung, wodurch eine rationale Preisverhandlung möglich ist.
Schweine- und Ferkelmarkt
Der Schweinemarkt hätte sich 2020 nicht unterschiedlicher darstellen können. Im Winter/Frühjahr hatten wir einen sehr flotten Absatz für Ferkel und Schweine. Dementsprechend waren auch die Preise mehr als zufriedenstellend. Nicht zuletzt wegen der großen Nachfrage an Sehweinfleisch aus China knackte der Schweinepreis die 2€ Marke und der Ferkelgrundpreis lag bei über 90 €.
Exakt gegenläufig stellte sich der Markt im Herbst bzw. bis zum heutigen Tag dar. Die Corona-Pandemie und nicht zuletzt die Bestätigung der ASP in Deutschland verursachten einen enormen Absatzeinbruch. Besonders der fehlende Absatz nach China hat die deutsche Schweineproduktion hart getroffen, da jedes siebte Schwein vor dem ASP Einbruch nach Asien exportiert wurde. In der Folge gingen die Ferkel- und Schweinepreise in den Keller und sind inzwischen an einem inakzeptablen Niveau angekommen.
Ein weiteres, großes Problem in den letzten Wochen und Monaten stellen die hohen Infektionszahlen bei den Mitarbeitern an den Schlacht- und Zerlegebetrieben dar. Der Personalmangel hatte zur Folge, dass viele Betriebe nur eingeschränkt arbeiten konnten oder sogar für mehrere Tage oder Wochen ganz schließen mussten. Die nicht geschlachteten und verarbeiteten Schweine stauen sich seit vielen Wochen in den deutschen Schweineställen.
In den nächsten Wochen werden wir versuchen die überhänge abzubauen, und somit Ihnen wieder eine geregelte Abholung zu gewährleisten.
Trotz der Krise gilt es auch einen Blick nach vorne zu werfen. Der Inlandsmarkt wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung im Absatz haben. Darum müssen wir uns auch mit den Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) auseinandersetzen und dürfen diese nicht grundsätzlich ablehnen. Die Haltungsstufe 2 (ITW) in der Schweinemast ist hier eine wesentliche Forderung des LEH. Die Verträge dazu beinhalten neben Abnahmemengen und Zuschläge auch einen Mindestpreis. In Verbindung mit bayerischer Herkunft können wir uns Marktanteile sichern und sind somit nicht von heute auf morgen einfach austauschbar. Darum sollte jeder Betrieb, der bayerische Ferkel einstallt prüfen, ob die Haltungsstufe 2 umsetzbar ist.
Der Absatz der Ferkel verläuft zum Teil stockend. Die fehlenden freien Mastplätze verursachen auch bei den Ferkeln eine nicht termingerechte Abholung. Die Einstallbereitschaft ist aber grundsätzlich bei allen Mastbetrieben vorhanden. Dies ist sicherlich ein positives Signal an die Ferkelerzeuger.
Anders als in den vergangenen Jahren, kann ich Ihnen diesmal leider keinen besonders positiven Rück-. und Ausblick für die kommenden Monate 2021 geben. Die Pandemie wird uns weiter beschäftigen und wir können nur unser Bestes geben und auch weiterhin versuchen so flexibel und schnell auf die neuen Herausforderungen der anhaltenden Pandemie zu reagieren, um möglichst gut durch diese Krise zu kommen.
Somit bleibt mir an dieser Stelle erst einmal nur noch Ihnen eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen. Genießen Sie die Zeit mit Ihrer Familie dieses Jahr wahrscheinlich etwas anders, was aber nicht schlechter sein muss. Man kann es sich ja „Dahoam“ auch schön einrichten!
In diesem Sinne, bleiben Sie gesund und alles Gute!
Sebastian Brandmaier